Olympiasieger, Medaillengewinner, Teilnehmer, Trainer und Betreuer, Mitarbeiter und freiwillige Helfer der Kanuslalom Wettbewerbe der Olympischen Spiele 1972 trafen sich in Augsburg aus Anlass der Weltmeisterschaften 2022 zu einem Erinnerungs- und Erfahrungsaustausch. Und sie konnten von Ereignissen und Begebenheiten berichten, die noch heute aktuell, von großem Interesse und unterhaltsam sind, aber auch zum Nachdenken anregen. Oder einfach die Situation bei den ersten Olympischen Kanuslalom Wettbewerben wiedergaben. Beispielsweise von Ulrike Bahmann, die aus sich selbst Druck vor den Rennen verspürte, weil sie als amtierende Weltmeisterin an den Start ging. Und dann gewinnen konnte. Und das vor einer noch nie erlebten Kulisse von Besuchern, die bis an die Absperrung zum Kanal standen. Oder Gisela Grothaus, die sich zehn Tage vor den Rennen eine Schulterverletzung zuzog, die sie zwang im Sitzen zu schlafen – auf dem Dachboden der Familie Englet in Augsburg, wo sie vor den Spielen untergekommen war. Dass sie nicht nur an den Start gehen konnte, sondern sogar Silber gewann, war eine ganz besondere Freude. 
 
Ebenso für Reinhold Kauder, der sich nach eigenen Worten überhaupt nicht sicher war, zu den drei deutschen Startern im Canadier Einer zu gehören. Sein Ziel sei Platz drei gewesen und er war deshalb stolz auf seine Silbermedaille. Denn es hätte auch Rang vier oder fünf sein können. Interessant sicher die Erinnerungen des damaligen DDR-Cheftrainers Werner Lempert, der klar sagte, die vier Goldmedaillen seien das Ergebnis einer optimalen Vorbereitung gewesen und des Willens seiner Sportlerinnen und Sportler zu gewinnen! Der „kleine Eiskanal“, der in Zwickau nachgebaut wurde habe zwar einen Beitrag zu den Erfolgen geleistet, sei aber keinesfalls der einzige Grund gewesen. Zu Fragen warum damals kein Kontakt zu den DDR-Athletinnen und Athleten möglich war, meinte Lempert, dies „sei nicht gewünscht“ gewesen. Dennoch gelang es dem Augsburger Fotografen Fred Schöllhorn, durch geschlossene Busfenster nur mit Mimik und Gestik einen Kontakt mit dem Fahrer Jürgen Köhler aufzunehmen, der später bei anderen Veranstaltungen vertieft wurde und aus dem sich nach der Wiedervereinigung eine echte Freundschaft entwickelte, die bis heute anhält. 
 
John McLeod, für Großbritannien Starter im Jahr 1972, später Trainer und Manager des britischen Teams, erinnert sich noch an die Trainingstage und ihre Unterbringung in der Jugendherberge. Ein anderes Quartier war nicht möglich. Aber er denkt auch noch an die Begeisterung der Zuschauer und die wundervolle Atmosphäre am Eiskanal, die auf die Sportlerinnen und Sportler übersprang. Er freut sich immer wieder nach Augsburg zu kommen. 
 
Augsburgs Kanulegende Karl-Heinz Englet berichtete von den Jahren nach 1968 als die Entscheidung für Kanuslalom als olympische Disziplin gefallen war. Erste, dilettantische Ideen, den alten Eiskanal umzubauen und zu sanieren seien schnell verworfen worden und hätten Raum für den Plan gelassen eine neue, künstliche Strecke zu errichten. Die er als erster Paddler überhaupt befahren durfte. Es gab aber noch einen Zwischenfall. Englet sollte das Olympische Feuer am Eiskanal entzünden, doch einige Stunden vor der Eröffnung stellten die Offiziellen fest, dass er mit der Fackel den Feuerring nicht erreichen konnte. So musste auf die Schnelle noch ein kleines Podest gezimmert werden, von dem aus er dann die Flamme entzündete. 
 
Informationsquellen für die Besucher wie Videoscreen oder Ergebniseinblendung gab es 1972 ebenso wenig wie eine mitlaufende Zeit. Also waren die Besucherinnen und Besucher auf die Ansagen der Stadionsprecher angewiesen. Einer von ihnen war Johannes Walch, den TV-Reporter Manfred Vorderwühlbecke zu seinem Einsatz bei Olympia drängte. Die Sprecher hatten ihren Platz auf dem Kampfrichterturm und konnten die Strecke vom Start bis zur Abzweigung in den neuen Kanal einsehen, danach waren sie auf Nachrichten aus dem Wettkampfbüro angewiesen, die ihnen permanent durch Boten überbracht wurden. Heute noch vorstellbar? Auf keinen Fall. 
 
Horst Woppowa, lange Jahre Präsident von Schwaben Augsburg Kanu stand mit einem Kollegen als Kampfrichter an Tor fünf. Auf die Frage, wie sie mit der Situation umgegangen seien, wenn sie unterschiedlicher Meinung waren, ob ein Fehler vorlag oder nicht, meinte er lapidar: Wir waren uns immer einig! Er und Bernd Heinemann, selbst Starter im Canadier Einer waren es, die die Idee zu diesem Treffen des „Team 72“ hatten und dann auch die Organisation übernahmen. Mit einer Teilnehmerzahl von annähernd 100 inklusive Begleitpersonen hatten sie nie gerechnet. Entsprechend stolz zeigten sich beide und freuten sich auch über den Dank der anwesenden Gäste für ihr Engagement. 
 
Diesen Dank sprach auch Jürgen K. Enninger, Referent für Kultur und Sport der Stadt Augsburg in seinem Grußwort aus. Er betonte, die ganz Stadt sei stolz wieder Austragungsort von Kanuslalom Weltmeisterschaften zu sein und die internationalen Spitzenfahrerinnen und -fahrer begrüßen zu können. Er wünschte der gesamten WM ebenso wie dem Treffen des „Team 72“ einen ebenso erfolgreichen wie harmonischen Verlauf.

Olympic champions, medallists, participants, coaches and staff, employees and volunteers of the canoe slalom competitions of the 1972 Olympic Games met in Augsburg on the occasion of the 2022 World Championships to exchange memories and experiences. And they were able to report on events and incidents that are still relevant today, of great interest and entertaining, but also thought-provoking. Or simply reflected the situation at the first Olympic canoe slalom competitions. For example Ulrike Bahmann, who put pressure on herself before the races because she started as the reigning world champion. And then managed to win. And she did so in front of an unprecedented backdrop of visitors who stood right up to the barrier to the canal. Or Gisela Grothaus, who suffered a shoulder injury ten days before the races that forced her to sleep sitting up &#8211; in the attic of the Englet family in Augsburg, where she had found accommodation before the Games. The fact that she was not only able to compete, but even won silver, was a very special joy. 
 
Likewise for Reinhold Kauder, who, in his own words, was not sure at all whether he would be one of the three German starters in the canoe single competition. His goal had been third place and he was therefore proud of his silver medal. It could have also been fourth or fifth place. The recollections of the then GDR head coach Werner Lempert are certainly interesting, who clearly said that the four gold medals had been the result of an ideal preparation and the willpower of his athletes to win! The &#8220;small Eiskanal&#8221; that was reconstructed in Zwickau contributed to the success but was by no means the only reason. When asked why no contact with the GDR athletes was possible at the time, Lempert said that this &#8220;was not desired&#8221;. Nevertheless, the Augsburg photographer Fred Schöllhorn succeeded in establishing contact with the driver Jürgen Köhler through closed bus windows using only facial expressions and gestures, which was later deepened at other events and from which a genuine friendship developed after the German reunification that continues to this day.  
 
John McLeod, starter for Great Britain in 1972, later coach and manager of the British team, still remembers the training days and their accommodation in the youth hostel. Other accommodation was not possible. But he also remembers the spectators’ enthusiasm and the wonderful atmosphere at the Eiskanal, which was transferred to the athletes. He is always happy to come back to Augsburg.
 
Augsburg canoe legend Karl-Heinz Englet reported on the years after 1968 when the decision was taken to make canoe slalom an Olympic discipline. The first amateurish ideas to rebuild and renovate the old Eiskanal had quickly been discarded and had left room for the plan to build a new, artificial course. Which he was the first paddler ever to be allowed to use. But there was one more incident. Englet was supposed to light the Olympic flame on the Eiskanal, but a few hours before the opening, the officials realised that he could not reach the fire ring with the torch. So a small platform had to be built in a hurry, from which he then lit the flame.
 
In 1972, there were no sources of information for the spectators such as video screens or result displays, nor was there a continuous time display. So the visitors had to rely on the announcements of the stadium announcers. One of them was Johannes Walch, whom TV reporter Manfred Vorderwühlbecke urged to appear at the Olympics. The announcers had their place on the judges&#8217; tower and could see the course from the start to the junction with the new canal, after that they had to rely on news from the competition office, which was permanently delivered to them by messengers. Still imaginable today? Absolutely not.
 
Horst Woppowa, President of Schwaben Augsburg Canoe for many years, was judge at gate five together with a colleague. When asked how they dealt with the situation when they disagreed on whether there was a mistake or not, he said succinctly: We always agreed! It was he and Bernd Heinemann, himself a starter in the canoe single, who had the idea for this meeting of &#8220;Team 72&#8221; and then also took over the organisation. They had never expected almost 100 participants including accompanying persons. Both were suitably proud and also pleased about the guests’ gratitude for their commitment.
 
Jürgen Emmrich, the City of Augsburg&#8217;s head of culture and sport department, also expressed his gratitude in his welcoming speech. He emphasised that the whole city was proud to be the venue of the Canoe Slalom World Championships again and to be able to welcome the top international canoeists. He wished the entire World Championships as well as the meeting of &#8220;Team 72&#8221; a successful and harmonious course of events.